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BUND und GRÜNE informieren zum Erhalt der Artenvielfalt

Es war der überraschende Zufall für beide Gruppen, am gleichen Tag, zur selben Zeit, im selben Lokal zu dem fast selben Thema eine Veranstaltung angesetzt zu haben. Der BUND Biberach lud zum Thema Landschaft ohne Schmetterlinge mit dem Referenten Jörg Lange Eichholz ein, die Grünen vom KV Biberach luden zum Thema Landwirtschaft und der Erhalt von Artenvielfalt mit dem EU- Kandidaten Dr. Nicolá Lutzmann ein.

 

Mit Zustimmung der Besucher*innen wurden die Veranstaltungen zusammengelegt. Die etwa 40 Teilnehmer*innen wurden von Cornelia Furtwängler, Vorstandssprecherin der Grünen Biberach, und von Esther Franzen, Vorsitzende des BUND Biberach, begrüßt. Lange Eichholz dokumentierte anhand verschiedener, oft langjähriger Untersuchungen in verschiedenen Teilen Deutschlands den seit Jahrzehnten anhaltenden Rückgang der Insekten- und Schmetterlingspopulationen. Allein die Anzahl der Tagfalter, die den Sommer mit Blumen erst komplett machen, hat um durchschnittlich 58% abgenommen und dies selbst in Schutzgebieten.

 

Für die Besucher*innen waren die praktischen Gartentipps zum Erhalt der Schmetterlingspopulation sehr wichtig: Brennnesseln als Nahrungsgrundlage für die Raupen von Kleiner Fuchs oder Tagpfauenauge sind kein Unkraut für Schmetterlingsfreunde. So schön der von Faltern umschwärme Sommerflieder (Buddleja) für das Auge ist, ohne Nahrungspflanzen für Raupen ist er für Schmetterlinge wertlos. Und wer einmal wieder einen Schwalbenschwanz sehen möchte, braucht die Wildmöhre im Garten.

 

Lutzmann nannte den Verlust der Biodiversität eine Katastrophe und verglich die Vielfalt der Arten und ihre gegenseitigen Abhängigkeiten mit einer Backsteinmauer. Je mehr Steine aus der Mauer herausbrechen, je instabiler wird sie. Ein Verschwinden der Artenvielfalt bedeute den Zusammenbruch der Nahrungskette und das Zusammenbrechen großer Teile der Mauer. Dass selbst die bereits existierenden gesetzlichen Vorgaben gar nicht bekannt und zu wenig kontrollierbar sind, wurde von Lutzmann angesprochen. So erfolgt Eine Zulassung von Pestiziden nur unter bestimmten Auflagen, wie die Ausbringung zu bestimmten Wachstumsstadien, Wetterbedingungen, Abstand zu Gewässern oder nur die nächtliche Anwendung. Aber wer solle das kontrollieren bei den dafür unterbesetzten Ämtern, fragte Lutzmann. Dass andererseits längst nicht alle Neonicotinoide verboten sind und die Anwendung auch in offenen Foliengewächshäusern erlaubt ist, bemängelt der Grüne.

 

Im Hinblick auf EU-Fördergelder ging Lutzmann auf die zweite Säule, die aus den nationalen Haushalten kofinanzierte Förderung des ländlichen Raums, ein. Hier sieht Lutzmann Änderungsbedarf, da sich nicht alle Länder die Kofinanzierung leisten können. Bei der Diskussion wurde die Frage gestellt, ob die Ernteerträge aus der ökologischen Landwirtschaft für die Welternährung ausreichten. Die einfachste Antwort gab Lutzmann mit dem Hinweis, dass bei uns leider Lebensmittelvernichtung wirtschaftliches Konzept sei und allein 50% der Getreideernte der Welt in der Tierhaltung verfüttert würden.

 

Unsere Agrarproduktion sei auch zu sehr auf Export ausgerichtet und würde damit ganze Märkte in Afrika zerstören. Dass mancherorts noch immer ganze Äcker abgespritzt werden, wurde mit Unverständnis und Ablehnung angesprochen. Beide Referenten betonten die Bedeutung und Verantwortung der EU sowohl für den Erhalt von Artenvielfalt wie auch für die Entwicklung einer naturverträglichen Landwirtschaft, ohne die der Erhalt der europäischen Kulturlandschaften nicht denkbar sei.

 

Da in der kommenden Wahlperiode der gesamt EU-Agrarhaushalt neu ausgehandelt werde, komme den Europawahlen auch diesbezüglich diesmal ein besonderes Gewicht zu. Es werde darum gehen, ob weiterhin die maschinell-industrielle Massenproduktion von Großbetrieben und Konzernen vorrangig gefördert werden solle oder ob nach dem Motto "öffentliche Gelder für öffentliche Leistungen" der Beitrag der in der Landwirtschaft arbeitenden Menschen für die Pflege der Kulturlandschaften und damit auch für den Erhalt der Artenvielfalt in Europa verstärkt mitfinanziert werden.         

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